Auf Anfrage des Lichtblick und seiner Zeitschrift „Lichtblick“ hat die SPD-Stadtratsfraktion Neustadt ihre Position zum Thema „Bezahlbarer und lebenswerter Wohnraum zusammengefasst. Wir möchten sie als Gesprächsangebot an die Neustadter Bürgerinnen und Bürger und die anderen Parteien in Neustadt auch hier öffentlich machen.
Neustadt braucht ein „Wohnraumkonzept“. Neustadt ist ein wunderbarer Wohnort und Lebensmittelpunkt. Es muss allerdings auch allen Neustadterinnen und Neustadtern möglich sein, in ihrer Stadt leben zu können. Deswegen setzt sich die SPD für die Bereitstellung von bezahlbarem und lebenswerten Wohnraum ein. Die aktuelle Situation auf dem Immobilienmarkt zeigt, dass Menschen mit höherem Einkommen in Neustadt Wohnraum finden können, gleichzeitig wird es immer schwieriger für Menschen mit mittlerem, geringem oder ohne Einkommen in unserer Stadt würdig zu leben.
Die SPD Neustadt macht deswegen seit vielen Jahren eine Vielzahl von Vorschlägen, um bezahlbaren Wohnraum zu aktivieren oder zu schaffen. Wir entwickeln diese Vorschläge aus unserem Kontakt zu Organisationen wie Lichtblick, Frauenhaus, awo usw., dem Austausch mit betroffenen Bürgerinnen und Bürgern und unseren eigenen Erfahrungen.
Kern eines Wohnraumkonzeptes ist die Analyse des Bestandes. Leider liegen keine genauen Zahlen zum Wohnraumbedarf in Neustadt vor. Die Analyse des sichtbaren Angebots und der offensichtlichen Nachfrage z.B. bei Maklern ist dabei nicht ausreichend. Wir müssen auch erheben, wo möglicher Wohnraum nicht bereit gestellt wird und warum. So stehen in der Kernstadt Wohnungen leer, die auf dem Wohnungsmarkt aus den verschiedensten Gründen gar nicht angeboten werden. Auch der Bedarf an Wohnraum muss im Detail erhoben werden. Nach Erkenntnissen des Lichtblicks gibt es in Neustadt über 300 Wohnungslose. Auch besteht Bedarf für junge Familien und Menschen, die in Neustadt arbeiten und gerne hier wohnen würden.
Die Schaffung von Wohnraum beginnt bei der Bereitstellung von Grundstücken. Die SPD fordert, dass neue Baugebiete nur ausgewiesen werden, wenn die Stadt im Besitz der Grundstücke ist, wie das in anderen Städten bereits umgesetzt wird. Bei der Vergabe ist dann darauf zu achten, dass auch junge Familien, genossenschaftliche Wohnprojekte und generationenübergreifende Projekte zu bezahlbaren Preisen zum Zug kommen. Sollte es politisch nicht umsetzbar sein, Baugebiete nur für Grundstücke in städtischer Hand auszuweisen, soll bei künftigen Wohnentwicklungsprojekten mindestens eine Sozialquote eingeführt werden. Zuletzt haben wir diese Forderungen beim Bebauungplan Heulache – leider vergebens – gestellt.
Die Ausweisung neuer Baugebiete ist allerdings nicht der Weisheit letzter Schluss. Vorrangig müssen wir den bestehenden Wohnraum und die verfügbaren Flächen nutzen. Hier muss die Stadt wieder ein aktives Flächenmanagement betreiben und geeignete Flächen und Immobilien erwerben. Diese müssen unter Verwendung einer sinnvollen Sozialquote auch für die Bereitstellung von sog. Sozialwohnungen genutzt werden. Die Neustadter WBG leistet hier bereits hervorragende Arbeit, sie muss hierbei unterstützt werden.
Zur Unterstützung privater Eigentümer zur Reaktivierung leerstehender Wohnungen sollten Unterstützungen – je nach Bedarf – angeboten werden. Einige Eigentümer benötigen Unterstützung in der Renovierung, Vermietung und Betreuung der Wohnungen, andere können mit finanzieller Förderung motiviert werden. Für viele Wohnungseigentümer können Vorbehalte bei der Vermietung dadurch reduziert werden, dass die Stadt als Hauptmieter auftritt.
Bei der Sanierung von Stadtgebieten, wie nun z.B. für die West-Stadt geplant, muss darauf geachtet werden, dass eine gute Mischung der Wohnangebote erreicht wird. Die SPD Neustadt stellt sich gegen Luxussanierungen ganzer Stadtgebiete und gegen eine „Ghettobildung“ sowohl für Besserverdienende als auch für wirtschaftlich schwache Mitbürgerinnen und Mitbürger. Gleichzeitig richten wie uns gegen ein Ausspielen einzelner Gruppen, welche die Unterstützung der Gemeinschaft brauchen. An verschiedenen Stellen in der Stadt wird die Frage der sozialen Wohngebietsgestaltung diskutiert. Politische Gruppierungen gehen hierbei mit fragwürdigen Argumenten gegen einzelne Bevölkerungsgruppen vor. Für die SPD Neustadt ist klar: Eine soziale Trennung in der Stadt werden wir nicht dulden. Ob im sozialen Wohnungsbau, der sozial integrierenden Ansiedlung bestimmter Bevölkerungsgruppen im Schlachthof-Gelände oder in der Einbettung der Flüchtlingsunterkünfte in das städtische Leben. Die Ausgrenzung einzelner Gruppen schadet der Vielfalt und dem sozialen Frieden und darf nicht hingenommen werden.
In den kommenden Jahren werden durch den demographischen Wandel und drohende Altersarmut zusätzliche Herausforderungen auf unsere Gesellschaft zukommen. Wir müssen daher integrative, gemeinschaftliche und generationenübergreifende Wohnprojekte fördern. Auch die wohnortnahe Betreuung älterer Menschen muss organisiert werden. Die WBG startet hierzu ein zukunftsorientiertes Projekt, das bei Erfolg ausgebaut werden sollte.
Eine große Herausforderung – welche durch solche Projekte nicht oder nur begrenzt gelöst werden kann – ist der akute Bedarf an Wohnraum, z.B. durch einen Schicksalsschlag, finanzielle Notsituationen oder Trennung in der Partnerschaft. Einzelne Mitbürgerinnen und Mitbürger benötigen nicht nur Hilfe bei der Wohnungssuche, sondern auch beim Halten einer Wohnung. Wir unterstützen den Vorschlag des Lichtblick, eine Wohnraumassistenz im Neustadter Sozialamt einzurichten. Hier ist die professionelle Betreuung für Menschen, die Schwierigkeiten haben, eine Wohnung zu bekommen und/oder zu halten zu bündeln. Diese Stelle muss auch über einen Pool an Wohnungen verfügen, welche bei akutem Bedarf zur Verfügung stehen. Das Projekt „SozPädAl“ aus Karlsruhe, in welchem eine zentrale Stelle mit eigenem Budget geeignete Wohnungen anmietet und vorhält, sollte für Neustadt geprüft werden. Durch die Bündelung der Kompetenzen und die kompetente Nutzung von Fördermitteln von Land und Bund sollte der finanzielle Aufwand für die Stadt tragbar sein.
Es ist nicht akzeptabel, dass unsere Neustadter Mitbürgerinnen und Mitbürger durch einen Schicksalsschlag gezwungen werden, auf der Straße zu leben. Bei der neuen Wohnraumassistenz sollten alle entsprechenden Betreuungsaufgaben, welche heute durch verschiedene Behörden ausgeübt werden, vereint werden.
Die SPD Neustadt setzt sich dafür ein, dass alle Neustadterinnen und Neustadter in Neustadt würdig leben können. Wir sind der Ansicht, dass das Thema „Wohnraum“ nicht durch parteipolitisch motivierte Schnellschüsse behandelt werden kann. Wir möchten in einer überfraktionellen Arbeitsgruppe mit der Kompetenz der WBG und in Abstimmung mit unserem neuen Oberbürgermeister ein tragfähiges Konzept für Neustadt entwickeln. Das Ziel muss sein, dass alle Neustadterinnen und Neustadter in ihrer Stadt in Würde leben können.